Intervisionsschema für die politische Awareness
Dieses Schema kann zur Nachbereitung von fordernden organisatorischen oder psychischen Situationen (zb Awarenessfälle, die uns noch länger beschäftigen) verwendet werden. Es ist auch eine Möglichkeit diffuse und unklare Gefühle mithilfe der Gruppe aufzulösen und gemeinsam zu tragen. Aber auch Orgaaufgaben und Überforderung können so nachbesprochen werden und besser gelöst werden. Die sehr strukturierte und wertschätzende Nachbesprechung hat das Potential tiefgehende Fragen über die aufgetretene Situation hinaus solidarisch und annehmend aufzulösen und kann so Burnout verhindern und persönliches Wachstum aller beteiligten Menschen fördern.
- kurzes Warmup und Check in wie komme ich gerade wie geht es mir was brauche ich heute für unsere gemeinsame Arbeit
- Eröffnen und Beginnen (Dauer ca. 5 Minuten): Die Rollen werden verteilt: Wer bringt eine Situation zur Reflexion ein? Wer übernimmt für diesen Fall/ Treffen die Moderation durch die Intervision?
Es können folgende Rollen verteilt werden:
- Moderation durch die Intervision
- Timekeeping
- Person, die eine Frage an die Gruppe hat
- Beratende Personen
- Zuhörende Personen (passiv Anwesende)
Die Fragen der Person, die sich Beratung wünscht, könnten folgende sein. Sie kann ein oder zwei Fragen an die Gruppe richten.
- Warum stresst mich eine bestimmte Situation so? Wie kann ich gelassener damit umgehen.
- Wie könnten wir dieselbe Situation mit denselben Ressourcen und Vorwissen nächstes mal besser hinkriegen?
- Ich habe Schuldgefühle oder empfinde Scham in Bezug auf eine Handlung von mir. Was gebt ihr mir als Gruppe mit?
- Habe ich mich richtig verhalten?
- Könnt ihr euch bitte einfach meinen Fall anhören? Ich habe ein diffuses Gefühl, dass es mich belastet, aber keine Ahnung warum genau. Könnt ihr bitte meine Gefühle validieren.
Darstellen und Orientieren (Dauer ca. 15 Minuten)
Der/die Falleinbringer/in berichtet über die Situation, möglicherweise mit einer Skizze oder einer anderen Form der Visualisierung. Er/sie formuliert ferner, welche Frage damit verbunden ist und worauf die Gruppe eine Antwort finden soll. Danach stellt die Gruppe Verständnisfragen. Es ist wichtig, dass in dieser Phase nur Verständnisfragen gestellt und nicht schon unterschwellig Deutungen vorgenommen oder Lösungen angeboten werden.
Betrachten und Erweitern (Dauer ca. 20 Minuten)
Fallner und Gräßlin bezeichnen diese Phase als „tabuloses Assoziieren“. Es geht demnach um eine Art Brainstorming ohne Zensur (eigene oder fremde Zensur). Alles darf/soll ausgesprochen werden. Auch hier geht es noch nicht um Lösungen, sondern eher um Resonanzen. Während dieser Phase hört die Falleinbringer*in nur zu, bis mensch am Ende auf die Frage antwortet: „Worauf bin ich angesprungen?“
Differenzieren und Beurteilen (Dauer ca. 30 Minuten)
Nach einer kurzen Pause formuliert die Falleinbringerin ein „Positions-Statement“, was sich nach dem vorhergehenden Schritt an der Sicht auf die Situation möglicherweise verändert hat. Danach beschreiben die anderen Gruppenmitglieder, wie sie die Situation sehen, wie sie die Beteiligten und die Kontextfaktoren einschätzen, welche Lösungsansätze sie sehen. Damit es an dieser Stelle keine „Ratschläge“ gibt, hat sich eine Runde zum Thema „Wenn ich an XYs Stelle wäre, würde ich …“ bewährt. Anschließend wird wieder die Falleinbringerin gefragt, worauf eins „angesprungen“ ist.
Entscheiden und Übersetzen (Dauer ca. 15 Minuten)
Die Falleinbringer*in formuliert, was eins sich hinsichtlich der geschilderten Situation vornimmt und was die nächsten Schritte sein werden. Danach teilen die anderen Gruppenmitglieder mit, was ihnen selbst deutlich geworden ist und was sie für ihre eigene Praxis gelernt haben.
Abschließen und Beenden (Dauer ca. 5 Minuten)
Das Schlusswort hat die Falleinbringer*in, eins beschreibt noch einmal, wie eins die Beratung erlebt hat und was hilfreich gewesen ist. Die gesamte Beratung nach diesem Modell dauert maximal 90 Minuten.